Guy Ritchie hat einen Bond-Film im Tarantino-Stil gemacht: Aber The Ministry of Ungentlemanly Warfare versinkt in Blut und Klamauk (2024)

Guy Ritchie ist eine erbärmliche Tarantino-Kopie. Dieser Meinung sind zumindest viele Kritiker:innen des britischen Regisseurs, der gerade mit der neuen Kriegsfilm-Action The Ministry of Ungentlemanly Warfare auf Amazon Prime Video zu sehen ist. Mir ist solcher Spott egal. Seit dem Trailer habe ich mich auf Ritchies Abenteuer gefreut, das James Bond mit Inglourious Basterds kreuzt.

Und, um es gleich klarzumachen: Der Actionfilm mit Henry Cavill ist kein Reinfall. Fans von Ritchies The Gentlemen oder Operation Fortune werden ihn vermutlich lieben. Aber hinter der Fassade steckt dieses Mal tatsächlich ein Tarantino-Klon, der neben dem Vorbild ziemlich blass aussieht.

Darum geht's in The Ministry of Ungentlemanly Warfare

The Ministry of Ungentlemanly Warfare dreht sich um eine unkonventionelle Kämpfertruppe, angeführt von Häftling Gus March-Philips (Cavill), die 1941 ein Schiff an der Westküste Afrikas sprengen soll. Der Auftrag stammt von Winston Churchill (Rory Kinnear) persönlich. Er will dadurch den U-Boot-Krieg der Nazis aussetzen, sodass die USA Truppen nach Europa schicken können.

Schaut euch hier den Trailer zu The Ministry of Ungentlemanly Warfare an:

Quentin Tarantinos Inglourious Basterds steht hier Pate, so scheint es. Und zum 007-Franchise hat der Film sogar direkte Bezüge: Bond-Erfinder Ian Fleming (Freddie Fox) gehört zu den March-Philips' Auftraggebern. Cavills Figur diente dem echten Fleming später als Inspiration für seine Agenten-Ikone.

Im Kern basiert The Ministry of Ungentlemanly Warfare nämlich auf einer wahren Geschichte: Britische Kommandos stahlen 1942 tatsächlich mehrere Versorgungsschiffe aus einem Hafen unter 007-würdigen Umständen. Die Aktion wurde später als Operation Postmaster bekannt.

Guy Ritchies Bond-Verschnitt ist Inglourious Basterds als Snack

Henry Cavills Kriegsabenteuer hat augenscheinlich alles, was sich ein Guy Ritchie-Fan wünschen kann: Ikonische Figuren, flapsige Sprüche, viel Gewalt und ein farbenfroher Look. Es ist Inglourious Basterds als Snack. Im Guten wie im Schlechten.

Henry Cavills 007-Vorbild und seine Mitstreiter

Die Parallelen zu Tarantinos Kriegsfilm sind vielfältig. Neben den offensichtlichen Story-Parallelen nutzen beide Regisseure ähnliche Szenen: Beide Filme beginnen etwa mit einem Versteckspiel, einem sad*stischen Nazi und einer bedrohlichen Konversation, die in einem Gewaltausbruch mündet.

Aber schon an der Oberfläche zeigen sich Unterschiede zum Film von 2009. Und mit ihnen Schwächen. The Ministry of Ungentlemanly Warfare erscheint hierzulande bei Amazon Prime, erinnert aber an den klassischen Netflix-Look: Einstellungen sehen oft leer aus, übersättigt und künstlich. Manche Bilder kommen wie ein Werbespot daher, der Inglourious Basterds nachäfft. Als würde Cavill sich gleich zur Kamera drehen und vortragen: "Nazis töten ohne Achselschweiß: mit Axe Body Spray."

Henry Cavill, Til Schweiger und ein Dune-Star retten den Film

Im Laufe des Films wird der Look allerdings von opulenteren Sets und gelungenen Kompositionen gerettet. Ein größeres Problem stellen die Figuren dar. Dass Cavill und Mitstreiter wie Anders Lassen (Alan Ritchson) oder Henry Hayes (Hero Fiennes Tiffin) Karikaturen sind, wird niemanden wundern. Aber sie sind auch Skizzen. Unfertig, einseitig, und nicht besonders plastisch.

Til Schweiger als Psycho-Nazi Heinrich Luhr

Auch hier können Cavill, aber allen voran Dune-Star Babs Olusanmokun und sogar Til Schweiger das Ruder herumreißen. Olusanmokun ist einfach eine Entdeckung. Seine heisere Stimme und seine ruhigen Bewegungen verleihen seiner Figur, eigentlich nur ein zuarbeitender Casino-Besitzer, so viel Würde, dass sie fast aus dem Film fällt. Er wirkt wie Kaviar in einem Steak-Restaurant. Schweiger ist als Psycho-Nazi Heinrich Luhr so überzogen, dass es schlicht Spaß macht, seinem Wahnsinn zuzusehen.

Guy Ritchie macht auf dem Tarantino-Pfad einen Fehler

Damit das Ganze nicht nur ein 120 Minuten-Zeitvertreib bleibt, braucht es jedoch eine Stoßrichtung. Eine Aussage. Etwas, das Ungentlemanly Warfare als Action-Spaß so spritzig und eigen macht wie Snatch - Schweine und Diamanten unter den Gangster-Komödien.

Und hier greift Ritchie zu kurz. Denn wo Tarantino die extrem ikonischen Momente seines Films ironisch bricht, etwa wenn Schreckensgestalt Hans Landa mit einer gigantischen Pfeife in eine der besten Konversationsszenen der letzten 25 Jahre grätscht, bleibt Ritchie entweder bierernst oder entscheidet sich für Klamauk.

Reacher-Star Alan Ritchson in The Ministry of Ungentlemanly Warfare

Im ersteren Falle wirkt das pubertär, als wäre jeder Satz der Figuren als Pointe formuliert und ließe keinen Platz mehr für nachvollziehbare Dialoge. Es ist lästig, wenn sich Protagonisten ständig mit ihrer Abgebrühtheit in den Vordergrund drängen.

Die Action in The Ministry of Ungentlemanly Warfare ist nahe an der Gewaltverherrlichung

Im zweiten Fall schlittert Ritchie an der Gewaltverherrlichung entlang. Tarantinos Basterds üben eine derart explizite Gewalt aus, dass es die Moral der Zuschauenden quasi befreit: Hier lebt ein Regisseur einen Wunschtraum aus, dessen Blutströme ihn von der traurigen Realität abgrenzen. So ist es mit Hitlers Tod. Und Sharon Tates Überleben. Ritchie inszeniert anders.

Cavill und seine Mannen machen sich einen Spaß daraus, ahnungslose Soldaten hinterrücks zu erschießen. Manche Tötungsszenen wirken wie ein sportlicher Wettkampf unter Freunden. Spiel und Spaß mit dem menschlichen Körper.

Babs Olusanmokun in The Ministry of Ungentlemanly Warfare

Natürlich handelt es sich bei ihren Gegnern um die Soldaten Nazi-Deutschlands, dem absoluten Bösen in der Filmgeschichte so nah wie kaum eine andere Fraktion. Wenn Cavills Figur zwei Unbewaffnete vor dem Publikum seiner Kameraden erschießt, um ein Kunststück vorzuführen, und Ritchie es als Gag inszeniert, finde ich das trotzdem geschmacklos.

  • Weiterlesen: Reacher-Star Alan Ritchson wollte The Ministry of Ungentlemanly Warfare noch brutaler machen

Ähnlich geht es mir mit Lassens Neigung, seinen Gegnern die Herzen herauszuschneiden. Wenn Ritchie es wenigstens eingehender kommentieren würde! Aber das Ausweiden von Leibern hat hier denselben Stellenwert wie ein flacher Sitcom-Scherz.

Guy Ritchies Tarantino-Bond unterhält, zählt aber nicht zu seinen besten Filmen

Falls The Ministry of Ungentlemanly Warfare wirklich Inglourious Basterds nacheifern will, betont Ritchie die falschen Aspekte. Es ist, als ob er das Tarantino-Konzept herunterdampft auf harte Gewalt, skurrile Figuren und ikonische Dialoge. Aber der Bauer aus dem Inglourious Basterds-Prolog hat wirklich Todesangst. Die beeindruckendste Pulp Fiction-Szene ist eine verstörende Vergewaltigung, ikonische Dialoge hin oder her. Und die Ohr-Szene in Reservoir Dogs amüsiert nicht, sie quält.

Ist Guy Ritchie also über 20 Jahre nach seinem Debüt zu dem geworden, was ihm seine Kritiker immer vorgeworfen haben? Nein. Dazu gibt es in seinem neuen Film schlicht zu viele gute Ideen. Eine Kostümparty, auf der Schweigers Figur als Cäsar zu sehen ist. Olusanmokuns Seelenruhe. Ritchsons Schwede, so blutrünstig er auch sein mag, ist eine sehr unterhaltsame Mischung aus Muskelberg und Scherzkeks.

Guy Ritchie hat im übrigen bewiesen, wie weit er sich von den alten Kopie-Vorwürfen abgrenzen kann, etwa mit Cash Truck oder The Covenant. The Ministry of Ungentlemanly Warfare zeigt im Grunde genau das: Ritchie ist kein Tarantino. Er hat es auch nicht nötig.
Guy Ritchie hat einen Bond-Film im Tarantino-Stil gemacht: Aber The Ministry of Ungentlemanly Warfare
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